Studien
 
Die frühe Bebauung vor dem Ochsentor in Reichenbach 1620 - 1668
 
Haus 41: Christian Bitsch (1621) - Philipp Mast (1668)
Haus 39/40: Hans Weisser (1625) - Hans Ganss (1668)
Haus 26: Jacob Klumpp (1621) - Schulhaus (1668)
Haus 23: Sebastian Schmidt (1621) - Hans Hauser (1668)
Hofstatt (Haus 21): Thomas Hildenbrandt (1624) - Michel Brauns Witwe (1668)
Hofstatt (Haus 19/20): Hans Mast (1624) - Michel Brauns Witwe (1668)
Haus 42: Hans Knorr (1620) - Melchior Schreiber (1668)
 
Meine Beschäftigung mit dem Entwicklungsstand Reichenbachs zur Zeit des Tabellarischen Verzeichnisses von 1769 (XXXI) hat mich veranlasst, noch einmal die frühe Bebauung vor dem Ochsentor zu untersuchen. Das hatte ich zuletzt 1996 im Rahmen meiner Studie "Die Frühzeit der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach 1595 - 1668" getan. Wie sich im folgenden zeigen wird, führte die Überprüfung im wesentlichen zwar zu einer Bestätigung, aber auch zu einzelnen Korrekturen der früheren Ergebnisse. Die notwendigen Korrekturen wurden inzwischen auch in die oben genannte ältere Studie eingearbeitet.

Das eigentliche Problem besteht natürlich darin, dass wir, von der recht ungenauen Skizze Reichenbachs im Mühlenplan von 1751 (XXXVIII) abgesehen, bis zur Herausgabe der ersten Flurkarten um 1840 keine Karten oder Skizzen besitzen, sondern auf verbale Lagebeschreibungen angewiesen sind. Immerhin haben wir einigermaßen genaue und nachvollziehbare Beschreibungen aus den Jahren 1620 ff., als Bauplätze ("Hofstätten") vor dem Ochsentor zur Ansiedlung von Bürgern verkauft wurden (XII, XIII, XXXIV) und im Lagerbuch von 1668 (XXXV). Gehen wir die markanten Stellen kurz durch, auf die in den Lagebeschreibungen Bezug genommen wird (vgl. dazu auch den Lageplan):

  • Ringmauer: sie ist eindeutig.
  • Mühlbach, Sägbach, Säggraben: es muss der Teil des Mühlbachs sein, der zwischen den Häusern 17 und 42 aus der Ringmauer hervortritt und hinunter zur Sägmühle führt.
  • Wassergraben, oberer Wassergraben, unterer Wassergraben: es handelt sich wahrscheinlich nur um zwei Gräben, die nicht immer unterschieden werden (dann ist meistens der untere gemeint) und die Ochsenwies wässern. 1668 wird oft auf den Besitzer dieses Feldstücks, Bernhard Klumpp, Bezug genommen. Der obere Wassergraben zweigt vom Mühlbach ab, ehe dieser vom Dornstetter Weg hinunter zur Mahlmühle schießt, während der untere Wassergraben zwischen den Häusern 17 und 42 vom (Säg-) Mühlbach abzweigt.
  • Gemeine Straße, Gasse: sowohl die alte Baiersbronner-/Dornstetterstraße nach Osten als auch die Murgstraße nach Westen hinunter zur Murg.
  • Gässlein bei dem Schulhaus: neue Baiersbronner Straße, heutige Bundesstraße.
  • Marktwasen: beiderseits der alten Baiersbronner-/Dornstetterstraße und südlich der Murgstraße, grenzt an die Ochsenwies.
  • Sägewasen: nördlich der Murgstraße, zur alten Sägmühle hin.

Bis in die zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts hinein haben wir vor dem Ochsentor nur ein Gebäude, die alte Sägmühle. Zwischen 1620 und 1625 werden dann sieben Bauplätze ("Hofstätten") vor dem Ochsentor verkauft (und dazu eine Hofstatt zwischen den sich teilenden alten Straßen nach Baiersbronn und Dornstetten, die wir hier unberücksichtigt lassen). Die Verkäufe von sechs dieser Hofstätten sind gut dokumentiert (XII, XIII, XXXIV), den Verkauf der siebten können wir rekonstruieren (XXXV). Fünf der Hofstätten haben ein einheitliches Grundmaß von 46 x 43 Schuh, das sind - den Schuh zu 28,65 cm gerechnet - gut 160 qm. Leider lassen sich keine Entsprechungen finden zum ersten Kataster aus der Zeit um 1840. Bis 1668 (Lagerbuch) sind wahrscheinlich nur fünf dieser Bauplätze auch bebaut worden, doch werden auch die beiden unbebauten Grundstücke im Lagerbuch erwähnt (XXXV). Eines der errichteten Häuser ist nicht nur in den Akten, sondern auch durch einen Gedenkstein dokumentiert: es ist das Haus, das Christian Bitsch 1621 erbaut hatte und später die Nummer 41 bekam (wir finden den Gedenkstein noch heute in der nördlichen Grundmauer des Hauses Murgtalstraße 155: Foto). Mit diesem Haus wollen wir beginnen.

 
Haus 41 Christian Bitsch (1621) - Philipp Mast (1668)  
 
Der Grundstückskauf des Maurers Christian Bitsch im Jahr 1621 ist belegt durch herzoglichen Befehl vom Januar 1621 (XXXIV) und durch den Kaufbrief (XIII), der auch eine Lagebeschreibung der Hofstatt enthält. Sucht man im Lagerbuch von 1668 nach einem Besitz mit ähnlicher Beschreibung, dann stößt man auf die "Behausung" des Küfers Philipp Mast (XXXV). Aus der Gegenüberstellung der beiden Beschreibungen der Jahre 1621 und 1668 wird deutlich, dass man eine nahezu vollständige Übereinstimmung erzielt, wenn man in einer der beiden Beschreibungen, die vorne-hinten-Perspektive mit der einerseits-andererseits-Perspektive vertauscht.
 
1621 1668
. . . vor dem Ochsenthor, neben dem Seegewaßen . . . zwischen erstermelts (vorgenannten) Closters gemeiner Sraßen unnd der Allmeindt gelegen, stost vornen an den Mühlbach, hinden uff die Ringmauren . . . . . . vor dem Ochsenthor, stehet einerseits uff deß Closters Ringmaur, und anderseits an dem Seegmihlenbach, stost vornen an die Gaß, und hinden uff deß Closters Allmeindt gegen der Seegmihlen . . .
 
Damit korrigiere ich meine früher (im Teil 3 meiner Studie "Die Frühzeit der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach 1595 - 1668") geäusserte Vermutung, dass Philipp Mast den Besitz des Küblers Hans Knorr übernommen haben könnte.

G. Wein berichtet im Jubiläumsbuch (1982, S. 59), dass Christian Bitsch seinen Besitz schon 1626 verkaufen musste, und zwar an den Bäcker und Mühlenknecht Johannes Schwager, der 1627 auch als Reichenbacher Bürger huldigt (VIII). Weitere Spuren hat Johannes Schwager nicht hinterlassen, insbesondere nicht in den Kirchenbüchern Reichenbachs ab 1635. Doch wird Philipp Mast (ca. 1606 - 1676, F 29) ab 1642, mit seiner Hochzeit, in Reichenbach nachweisbar (L). Es ist also möglich, dass er seinen im Lagerbuch dokumentierten Besitz - das Haus wird später die Nummer 41 bekommen (Lageplan) - unmittelbar von Johannes Schwager übernommen hat. Andernfalls müssen wir mit einer undokumentierten Lücke rechnen.

 
Haus 39/40 Hans Weisser (1625) - Hans Ganss (1668)  
 
Das Haus 39/40 (Lageplan) steht wahrscheinlich auf dem Bauplatz, den der Schmied Hans Weisser 1625 gekauft hatte. Der Kauf ist dokumentiert durch Reskript des Herzogs (XIII), das auch eine Lagebeschreibung des Grundstücks enthält. Sie hat große Ähnlichkeit mit der Beschreibung des Hauses von Hans Ganss im Lagerbuch 1668 (XXXV):
 
1625 1668
. . . unsers Closters Reichenbach eigenthumbliche Hoffstatt . . . zwischen dem Seegbach unndt Weeg der Seegmühlen zue gelegen, vornen an die gemeine Straß, hinden am Seegplatz stossendt . . . . . . uff dem Seegwasen, zwischen dem Fahrweg zuer Seegmihlin, und dem Seegbach stehendt, stost vornnen uff dem Marckt, und hinden uff dem Allmeindtplatz gegen der Seegmihlen . . .
 
Einziger Unterschied: 1668 ist das Haus von Hans Ganss vorne nicht durch die Straße, sondern durch den "Marckt" begrenzt - tatsächlich schließt sich der Marktwasen im Süden an die Straße an, so dass wir wohl Übereinstimmung feststellen können.

Der Huf- und Waffenschmied Hans Weisser hat in Reichenbach nur spärliche Zeugnisse hinterlassen: wir stoßen auf ihn noch im Bürgerbuch (VIII), in dem seine Huldigung im Jahr 1627 dokumentiert ist, danach finden wir keine Belege mehr. Damit entsteht eine große undokumentierte Lücke bis zum Besitzer des Hauses im Lagerbuch von 1668, denn der Bäcker und Taglöhner Hans Ganss, der um 1625 geboren ist, lässt sich erst 1652/53 in Reichenbach nieder (XXXVII). Sucht man einen Besitzer für die Übergangszeit, dann könnte man an den Schmied Balthasar Muot denken, der zwischen 1629 und 1654 in Reichenbach belegt ist, doch lautet die Beschreibung seines Hauses, das 1668 als Schulhaus genutzt wird, völlig anders. Wir werden im folgenden Abschnitt sehen, dass er sehr wahrscheinlich das Haus 26 von Jacob Klumpp übernommen hat.

 
Haus 26 Jacob Klumpp (1621) - Schulhaus (1668)  
 
Gegenüber dem Haus 39/40, auf der anderen Seite der Murgstraße stand ursprünglich das Haus 26 (Lageplan), das gegen Ende des 19. Jahrhunderts weiter zur Murg hin umgesetzt wurde und heute die Adresse Murgstraße 5 hat. Es stand wahrscheinlich auf dem Grundstück, das der Wagner Jacob Klumpp 1621 kaufte. Der Kauf des Wagners ist belegt durch Befehl des Herzogs vom Mai 1621 und durch Kaufbrief (XIII), der auch eine Beschreibung der Hofstatt enthält. 1654 berichtet der Schaffner (XXXVII) von der Flucht des Schmieds Balthasar Muot "aus forcht harter straff wegen verübter mißhandlung". Und im Lagerbuch 1668 wird dokumentiert, dass der Besitz Muots, der noch einmal beschrieben wird, "zue einem Schulhauß gebraucht wordten" (XXXV). Vergleichen wir die Lagebeschreibungen aus den Jahren 1621 und 1668 im Detail:
 
1621 1668
. . . uff dem Marcktwasen . . . zwischen Sebastian Schmiden Hofstatt und der Allmeindt gelegen, stost vornen uff deß Closters gemeine Straßen und hinden (unleserlich) Closters Wißen, die Ochsenwiß genandt . . . . . . uff dem Marcktwasen . . . zwischen einem engen gemeinen Gäßlin unnd der Allmeindt stehendt . . . vornnen uff denn Marcktwasen, und hinden uff Bernhardt Klumppen Ochsenwiß stoßendt . . .
 
Wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, liegt die Hofstatt Schmidts jenseits, d.h. ostwärts des Gäßleins, so dass Hofstatt und Gäßlein alternativ zur Grenzbeschreibung nach Osten benutzt werden können. Ähnliches gilt für die Beschreibung der Grenze nach Norden ("vornnen"): wählt man nicht wie 1621 die Straße als Grenze, dann bleibt zur Grenzbeschreibung nur noch der durch das Haus nicht bebaute Marktwasen. Im Süden des Marktwasens und des Hauses 26 liegt die Ochsenwies und im Westen bis 1668 noch unbebautes Gemeindeland.

Balthasar Muot besaß demnach nicht das Haus des Schmieds Sebastian Schmidt (wie im Teil 3 meiner Studie "Die Frühzeit der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach 1595 - 1668" zunächst mehrfach angenommen), sondern das Haus, das Jacob Klumpp baute und später die Nummer 26 bekam. Auf der Hofstatt des Sebastian Schmidt steht dagegen das Haus mit der alten Nummer 23. Dies wird im nächsten Abschnitt deutlich.

 
Haus 23 Sebastian Schmidt (1621) - Hans Hauser (1668)  
 
Der Grunderwerb des Schmieds Sebastian Schmidt ist belegt durch herzoglichen Befehl vom August 1621 (XXXIV) und durch den Kaufbrief mit Lagebeschreibung (XIII). Das Grundstück liegt zwischen der Hofstatt Jacob Klumpps und "dem Graben, darauß deß Closters Mayer wässert". Wenn unsere vorhergehende Analyse richtig ist, dass Jacob Klumpp den Platz des späteren Hauses 26 kaufte, dann kann es sich bei dem genannten Graben nur um den unteren Wassergraben des Ochsenmeiers handeln. An dieser Stelle wird zwischen 1620 und 1625 nur ein Bauplatz verkauft und 1668 finden wir dort auch nur ein Haus: es ist im Besitz des Schmieds Hans Hauser (XXXV). Stellen wir die Lagebeschreibungen der Jahre 1621 und 1668 einander ausführlich gegenüber:
 
1621 1668
. . . vor dem Ochsenthor, uff dem Marcktwaßen . . . zwischen Jacob Klumppen Hofstatt und dem Graben, darauß deß Closters Mayer wässert, gelegen, stost vornen uff des Closters gemeine Straßen und hinden an besagts Closters Wißen, die Ochsenwiß genandt . . . . . . uff dem Marcktwasen, zwischen dem underen Waßergraben, worauß Bernhardt Klumpp seine Ochsenwiß wäßeret, einer- unndt anderseits an einem gemeinen Gäßlin bey dem Schuelhauß stehendt . . . stoßen vornnen uff denn Marcktwasen, unnd hinden uff Bernhart Klumppen Ochsengueth . . .
 
Hans Hauser besitzt 1668 auch ein Gärtlein, das offenbar an den Wassergraben grenzt, denn Hauser soll zwischen Gärtlein und Graben dem Ochsenmeier einen Fußpfad offen lassen. Daraus wäre zu schließen, dass das Gärtlein zwischen Haus und Wassergraben liegt, und daraus wiederum wäre zu folgern (Lageplan), dass der Platz des späteren Hauses 23 zuerst bebaut wurde und das Haus 22 nach 1668 auf dem Boden das Gärtleins errichtet wurde.

Sebastian Schmidt huldigt 1624 in Reichenbach (VIII), danach verliert sich auch seine Spur. Hans Hauser wird dagegen erst 1659 in Reichenbach nachweisbar (L). Wir haben also eine lange undokumentierte Zeitspanne. Und wie im Falle des Hauses 39/40 von Hans Weisser könnte man auch in diesem Falle an den neuen Schmied in Reichenbach, Balthasar Muot, als Nachfolger denken. Doch haben wir mit einiger Zuverlässigkeit gesehen, dass Balthasar Muot den Besitz Jacob Klumpps (Haus 26) übernommen hat. Sucht man weiter nach einem potentiellen Nachfolger nicht nur im Beruf, sondern auch im Besitz des Sebastian Schmidt, dann stößt man noch auf den Schmied Jeremias Sora. Dieser ist in Reichenbach zwischen 1651 - er hat "ein behausung und schmitt allhie erkaufft" (XXXVII) - und 1658 belegt, danach nicht mehr. Ab 1659 wird dann Hans Hauser nachweisbar - das passt zusammen. Die langen Jahre zwischen 1624 und 1651 bleiben allerdings im Dunkeln.

 
Hofstatt (Haus 21) Thomas Hildenbrandt (1624) - Michel Brauns Witwe (1668)  
 
1668 besitzt Magdalena, Michel Brauns Witwe, zwei Grundstücke zwischen dem unteren und dem oberen Wassergraben (XXXV). Das untere Grundstück, auf dem heute das Haus mit der alten Nummer 21 steht (Lageplan), wurde ursprünglich, wahrscheinlich 1624, von dem Hafner Thomas Hildenbrandt gekauft. Für diesen Vorgang haben wir keine direkten Belege (und daher auch keine Lagebeschreibung), wohl aber den Hinweis im Lagerbuch, dass die Hofstatt "zuevor" Thomas Hildenbrandt gehörte. 1668 wird sie so beschrieben:
 
1624 1668
(keine Beschreibung) . . . uff dem Marcktwasen vor dem Ochsenthor, zwischen dem Underen Waßergraben . . . und ihr, der Innhaberin anderer darob ligender Hofstatt, vornnen uff denn Marcktwasen, und hinden uff Bernhart Klumppen Hofgueth stoßendt . . .
 
Die Hofstatt ist weder von Thomas Hildenbrandt noch von Magdalena Braun bebaut worden und sehr wahrscheinlich auch nicht vor 1755, denn das Haus 21 ist nicht altberechtigt. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass das Haus erst 1789 von Johann Jacob Hindenlang und seinem Schwiegersohn Johann Nikolaus Lang gebaut wurde. Dies soll hier allerdings nicht vertieft werden.
 
Hofstatt (Haus 19/20) Hans Mast (1624) - Michel Brauns Witwe (1668)  
 
Die zweite Hofstatt der Magdalena Braun liegt oberhalb der ersten und wird, genau besehen, begrenzt durch den Rain am oberen Wassergraben (XXXV). Das Grundstück wurde 1624 von Hans Mast, dem ersten Mann der Magdalena Braun, gekauft. Dieser Kauf ist dokumentiert durch Abschrift des Kaufbriefs (XIII). Die Hofstatt ist mit einem Grundmaß von 100 x 85 Schuh (das sind ungefähr 700 qm) deutlich größer als die anderen, so dass wir annehmen können, dass beide Teile des Doppelhauses 19/20 auf diesem Grundstück stehen (Lageplan). Sie müssen zwar nach 1668, aber noch vor 1755 gebaut worden sein, denn beide Teile sind altberechtigt. Vergleichen wir nun die Lagebeschreibungen der Hofstatt 1624 und 1668.
 
1624 1668
. . . eine Hofstatt, so Ainhundert Schuoch lang und Achtzig fünff Schuoch braith, zwischen Thomas Hildenbrandten Hafnern unndt der Allmeindt, stost vornen ann die Straßen undt hinden ann des Closters Ochsen Wisen . . . Eine Hofstatt . . . einerseits an ihr, der Witib hieüb beschriebener Hofstatt und anderseits an dem Rhein under Bernhart Klumppen oberen Waßergraben ligendt, stost vornnen uff denn Marcktwasen und hinden uff Bernhart Klumppen Hofgueth . . .
 
Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Rain, also ein ungenutzter Feldstreifen, unterhalb des oberen Wassergrabens im Gemeindebesitz war. Dann stimmen beide Beschreibungen völlig überein.
 
Haus 42 Hans Knorr (1620) - Melchior Schreiber (1668)  
 
Der Kübler Hans Knorr kauft 1620 eine Hofstatt vor dem Ochsenthor zwischen (Säg-) Mühlbach und Ringmauer. Der Vorgang ist belegt durch Befehl des Herzogs vom Mai 1620 (Faksimile) und eine Abschrift des Kaufbriefs (in der Abschrift "Revers" genannt; XXXIV) sowie durch den Kaufbrief selbst, der sich allerdings in einem anderen Büschel des Bestands A 516 befindet (XII). Sucht man anhand der Lagebeschreibung des von Knorr gekauften Grundstücks nach Entsprechungen im Lagerbuch von 1668 (XXXV), dann stößt man, wie der folgende Textvergleich zeigt, auf das Haus des Amtsknechts Melchior Schreiber, das später die Nummer 42 bekommen wird (Lageplan).
 
1620 1668
. . . vor dem Ochsenthor, uff dem Marcktwasen . . . zwischen erstangeregts (?) Closters gemeiner Straßen undt Allmeindt gelegen, stoßet vornen ann den Milbach und hinden ann die Ringmauren . . . . . . vor dem Ochsenthor, zwischen dem Seeggraben einer- und anderseits an dem Allmeindtgäßlin stehendt, und streckht das gärtlin biß an die Ringmauren, oben uff denn Waßergraben und unden an die gemeine Straß stoßendt . . .
 
Die Beschreibung im Jahr 1668 legt den Schluß nahe, dass nur das Gärtlein, das wohl oberhalb des Hauses zu suchen ist, an die Ringmauer stößt, nicht aber das Haus. Vielmehr müßte zwischen Haus und Ringmauer das Allmeindtgäßlin verlaufen. Auf diese Interpretation deutet auch eine spätere Textstelle des Lagerbuchs (XXXV), die Melchior Schreiber folgendes auferlegt: "So solle auch der Winckhel zwischen dem Hauß und der Ringmaur nit aingemacht werdten, sondern selbiger dem Closter zue einer Allmeindt ligen laßen." Spätestens 1840 aber, das zeigen die ersten Flurkarten (LII), reicht auch das Haus bis an die Ringmauer. Ludwig Jacob Eilber, der Eigentümer des Hauses 42, wird bereits "Lammwirt" genannt (L).

Wahrscheinlich ist das Haus von Hans Knorr nach dessen Tod im Jahr 1638 direkt an Melchior Schreiber übergegangen, denn dieser ist genau im selben Jahr erstmals in Reichenbach belegt (L). Eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen beiden Familien scheint indes nicht zu bestehen.

 
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Aktualisierung: 06/05